Deutsch-Französischer Krieg 1870/71 – 3. Einigungskrieg

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 war Bismarcks dritter Einigungskrieg.

Der Deutsch-Französische Krieg war ein militärischer Konflikt zwischen dem von Preußen geführten Norddeutschen Bund, dessen Verbündeten Bayern, Hessen-Darmstadt, Baden sowie Württemberg auf der einen Seite und Frankreich auf der anderen Seite.

Er führte zum Ende des französischen Kaiserreichs sowie zur deutschen Reichsgründung.

Ausgelöst wurde der Krieg durch Streitigkeiten um die spanische Thronfolge.

Vorgeschichte des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71

Nach dem für Preußen erfolgreichen Krieg gegen Österreich 1866, bahnte sich allmählich eine weitere militärische Auseinandersetzung mit dem Kaiserreich Frankreich an.

Die Franzosen hatten das unrühmliche Ende des napoleonischen Kaiserreiches unter Napoleon I. noch nicht restlos verwunden und empfanden die Niederlage von 1814/15 als schwere Demütigung.

Kaiser Napoleon III. strebte danach, das Werk seines Onkels zu vollenden.

So verfolgte er den Plan, Österreich und Russland zu schwächen und an ihre Stelle liberale Nationalstaaten zu setzen, die von Frankreich abhängig wären.

Zur Schwächung Russlands hatte Frankreich am Krimkrieg teilgenommen und 1863 die polnische Nationalversammlung unterstützt.

Die militärische Intervention in Mexiko zur Gründung eines Vasallenstaates war 1867 jedoch fehlgeschlagen.

Außerdem hatte der Ausgang des Deutschen Krieges Napoleons innenpolitischem Ansehen geschadet. Dadurch sah sich der Kaiser gezwungen, sein Image wieder zu verbessern.

Aber auch Preußens mächtiger Staatsmann Otto von Bismarck hatte Probleme. So stand die Drohung der südlichen deutschen Staaten wie Bayern, Baden und Württemberg im Raum, einen Südbund zu gründen.

Bismarcks Ziel, die Gründung eines deutschen Nationalstaates, sollte zudem erfolgen, solange Großbritannien und Russland anderweitig beschäftigt waren.

Darüber hinaus versuchte Frankreich ab 1867, mit dem geschlagenen Österreich ein Bündnis zu schließen, das sich letztlich allerdings nicht verwirklichte.

Die spanische Thronfolge

Als direkter Auslöser des Deutsch-Französischen Krieges galt der Streit um die spanische Thronfolge.

Der deutsche Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen (1835-1905), der einer katholischen Nebenlinie der Berliner Hohenzollern entstammte, wurde zum Kandidaten für die spanische Thronfolge vorgeschlagen, als im September 1868 die spanische Königin Isabella II. (1830-1904) nach einer Erhebung Spanien verlassen musste und am 25. Juni 1870 abdankte.

Unter den Herrscherhäusern Europas suchten die Spanier nun nach einem neuen Monarchen. Juan Prim, Regierungschef von Spanien, zeigte sich einer Kandidatur des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen aufgeschlossen.

König Wilhelm I. von Preußen (1797-1888), der der Kandidatur zustimmen musste, war nur wenig interessiert, weil er nicht in spanische politische Angelegenheiten verwickelt werden wollte.

Auf Wunsch Bismarcks erklärte er sich jedoch schließlich einverstanden.

Prinz Leopold selbst wollte gar nicht König von Spanien werden, was Bismarck jedoch ignorierte, sodass Leopold schließlich nachgab.

Bismarcks Grund für die Unterstützung der Thronfolger-Kandidatur war die Annahme, dass Frankreich sich provoziert fühlen würde.

In der Tat fürchteten die Franzosen, ähnlich wie im 16. und 17. Jahrhundert durch die Habsburger, von einer Dynastie umklammert zu werden.

Durch eine aggressive Rede des französischen Außenministers Antoine de Gramont (1819-1880) eskalierte der Streit.

Die Emser Depesche

Weil Gramont einen diplomatischen Erfolg benötigte, wies er Vincent Graf Benedetti, den französischen Gesandten in Preußen, an, König Wilhelm I. in Bad Ems aufzusuchen, um ihn aufzufordern, die Kandidatur Leopolds zu verbieten.

Für seinen Sohn Leopold gab Fürst Karl-Anton von Hohenzollern-Sigmaringen am 12. Juli 1870 bekannt, auf den spanischen Thron zu verzichten.

Für Frankreich bedeutete dies einen diplomatischen Erfolg, mit dem sich Napoleon III. aber nicht begnügen wollte.

So befahl er Gramont, von Wilhelm I. zu verlangen, dass dieser Leopold für immer verbieten sollte, die spanische Krone anzunehmen.

Wilhelm I. lehnte diesen Wunsch jedoch vehement ab.

Noch bevor diese Unterredung am 13. Juli stattfand, gab die „Kölnische Zeitung“ Leopolds Verzicht der Öffentlichkeit bekannt.

Otto von Bismarck bekam ein Telegramm über den Gesprächsverlauf zwischen Wilhelm I. und Graf Benedetti.

Vom König erhielt Bismarck die Erlaubnis zur Veröffentlichung des Telegramms.

Berühmtheit erlangte das Schriftstück als „Emser Depesche“.

Aus dieser Depesche schrieb Bismarck einen Pressebericht. Dabei nahm er jedoch einige Kürzungen vor, die zu dem Glauben führten, dass die Verhandlungen mit Frankreich komplett abgebrochen worden seien.

Frankreich musste nun entweder eine diplomatische Niederlage hinnehmen oder Preußen den Krieg erklären.

Frankreich entschied sich am 19. Juli 1870 für den Krieg.

Der Deutsch-Französische Krieg bricht aus

In Deutschland führte die französische Kriegserklärung zu einer Welle der Begeisterung.

Sogar die bislang kritischen Bayern sahen die Stunde der deutschen Frage gekommen.

So befahl Bayernkönig Ludwig II. am 16. Juli die Mobilmachung seines Heeres. Baden und Württemberg schlossen sich an.

Auch die deutschen Liberalen hatten nun keine Vorbehalte mehr gegen Bismarck.

„Durch Einheit zur Freiheit“ lautete jetzt die Parole und voller Begeisterung wurde Hoffmann von Fallerslebens Deutschlandlied gesungen.

Über Frankreich war die deutsche Öffentlichkeit zutiefst empört.

Einen Bündnispartner suchten die Franzosen vergebens, zumal sich Österreich zurückhielt.

Nachdem Bismarck Russland versprochen hatte, das Land diplomatisch bei seinem Vorgehen im Orient zu unterstützen, verhielt sich das Zarenreich neutral.

Großbritannien war nur wenig interessiert.

Die französische Armee konnte zu Beginn des Krieges 336.000 Soldaten aufbieten, bei denen es sich um kampferfahrene Berufssoldaten handelte.

Die Deutschen verfügten ab dem 31. Juli über zunächst 460.000 Mann in der Nähe der Grenze. Bis zum 12. August wurden von der Eisenbahn 640.000 Soldaten sowie 1600 Geschütze transportiert.

Die Franzosen versäumten es, Vorkehrungen für ihre Truppenverlegungen zu treffen, was zu einem Mangel an Zelten und Unterkünften führte.

Daher litten zahlreiche französische Einheiten bei Kriegsbeginn unter Ausrüstungsmangel.

Erste Kampfhandlungen

Die ersten Kampfhandlungen des Deutsch-Französischen Krieges fanden am 2. August 1870 statt, als die Franzosen das nur schwach verteidigte Saarbrücken besetzten.

Drei Tage später räumten die französischen Truppen die Stadt jedoch wieder.

Am 6. August musste der französische General Frossard bei der Schlacht um Spichern eine Niederlage hinnehmen. Dadurch konnten von nun an die deutschen Verbände die Initiative übernehmen.

Da die Franzosen außerdem Niederlagen bei den Grenzschlachten von Weißenburg und Wörth erlitten, drohte keine Invasion der deutschen Gebiete mehr und das Kriegsgeschehen verlagerte sich nach Frankreich.

Die zurückgeschlagenen Franzosen formierten sich bei Nancy und Straßburg neu.

In Metz bezog die Rheinarmee unter dem Kommando von Marschall François-Achille Bazaine Stellung. Zwischen dem 14. und 18 August brandeten drei Schlachten rund um die Stadt auf.

Weil die deutsche Armee Bazaine den Weg nach Verdun abschnitt, konnte er sich nicht mehr mit dem Heer von Kaiser Napoleon III. vereinigen.

Nach der blutigen Schlacht von Gravelotte am 18. August zog sich Bazaines Rheinarmee nach Metz zurück, wo sie eingekesselt wurde. Damit war das größte Militärkontingent Frankreichs ausgeschaltet.

Ein Entsatzversuch der Franzosen unter Marschall Mac-Mahon scheiterte durch die Schlacht von Beaumont am 30. August.

Die Franzosen verloren 5700 Gefallene und Verwundete. 1800 Mann gerieten in deutsche Gefangenschaft.

Außerdem wurde Mac-Mahons Armee nach Sedan abgedrängt. Er hoffte, dort seine angeschlagenen Truppen wieder auffrischen zu können.

Schlacht von Sedan

Die entscheidende Schlacht fand am 1. und 2. September 1870 bei Sedan statt.

Die Stadt befand sich an der Maas in der Nähe der belgischen Grenze.

Den in Sedan versammelten französischen Truppen standen sieben deutsche Armeekorps gegenüber.

Generalstabschef Helmuth von Moltke (1800-1891) verlagerte zwei Korps zwischen Sedan und die belgische Grenze, wodurch er den Franzosen den Weg nach Westen abschnitt.

Im Süden rückte die Maasarmee vor und im Osten schloss sich das Gardekorps unter dem Kommando von Prinz August von Württemberg an.

In Eilmärschen wurden die sich zurückziehenden französischen Streitkräfte von der deutschen 3. Armee verfolgt. Am 31. August hatten sie die belgische Grenze erreicht.

König Wilhelm I. richtete als Oberbefehlshaber mit seinem Generalstab bei der Vorstadt Torcy sein Hauptquartier ein.

In Sedan hielt sich auch Kaiser Napoleon III. auf, der sich militärisch jedoch nicht beteiligte.

Am 1. September nahm die Schlacht von Sedan ihren Anfang.

Bei den Gefechten erlitt Marschall Mac-Mahon eine Verwundung, sodass General Ducrot an seine Stelle trat.

Die französische Führung zeigte sich jedoch uneinig, sodass sie versäumte, der Einkesselung zu entgehen. So wurden die Verteidiger von den deutschen Truppen schließlich eingeschlossen.

Die deutsche Armee durchbrach die französischen Verteidigungslinien und machte tausende von Gefangenen.

Mit Napoleon III. zogen sich die Franzosen in die Festung Sedan zurück.

Für Verhandlungen kam es am 2. September zu einer Waffenruhe.

Bismarck und Moltke übernahmen die Verhandlungen mit den Franzosen.

Sie machten ihren Gegnern die Aussichtslosigkeit des weiteren Widerstands klar.

Letztlich kapitulierten die Franzosen und neben Kaiser Napoleon III. gingen 39 Generäle, 2830 Offiziere und 83.000 Mann in deutsche Gefangenschaft.

Damit besaß Frankreich keine handlungsfähige Armee mehr, zumal Marschall Bazaine mit seinen 180.000 Soldaten noch immer in der Festung Metz eingeschlossen war.

Ende des französischen Kaiserreiches

Am 3. September 1870 wurde bekannt, dass Napoleon III. in deutsche Gefangenschaft geraten war.

Einen Tag später kam es zum Sturm auf die Deputiertenkammer in Paris durch das Volk.

Die Niederlage von Sedan hatte das Schicksal des französischen Kaiserreiches endgültig besiegelt.

So wurde der Kaiser abgesetzt und Frankreich erneut zur Republik ausgerufen.

Kaiserin Eugénie trat die Flucht nach England an.

In Paris bildete sich eine neue Regierung der nationalen Verteidigung.

Der Deutsch-Französische Krieg geht weiter

Obwohl mit Napoleon III. und seinen Ministern die Hauptakteure des Deutsch-Französischen Krieges auf französischer Seite abgetreten waren, verweigerte die neue französische Regierung den Friedensschluss.

So hatte die deutsche Führung inzwischen verlangt, die Gebiete Elsass und Lothringen abzutreten.

Die neue Regierung befürchtete aufgrund solch massiver Gebietseinbußen heftige Unruhen in Frankreich, die zu ihrem Sturz führen würden.

Aus diesem Grund scheiterten die Verhandlungsgespräche zwischen Otto von Bismarck und Jules Favre (1809-1880), dem neuen französischen Außenminister.

Stattdessen begannen die Franzosen neue Armeen aufzustellen und führten dabei im Grunde die Wehrpflicht wieder ein.

Belagerung von Paris

Um den Krieg erfolgreich zu Ende zu führen, stießen die deutschen Truppen im September bis nach Paris vor.

Am 19. September konnte die französische Hauptstadt eingeschlossen werden.

Allerdings besaßen die Deutschen nicht genügend Truppen zur Einnahme von Paris.

Außerdem verfügte die Stadt über starke Festungsanlagen und es drohte ein verlustreicher Kampf um jede Straße.

Aufgrund dieser Umstände entschloss sich Moltke, Paris zu belagern und auszuhungern, um die französische Regierung zur Aufgabe zu zwingen.

Die Franzosen konnten jedoch rasch eine Million neue Soldaten aufstellen.

Obwohl sie nur über eine unzureichende Bewaffnung verfügten und kaum ausgebildet waren, sollten sie den Belagerungsring rund um Paris sprengen.

So zog sich der Deutsch-Französische Krieg bis in den Winter 1870/71 hin.

In Paris kam es dadurch zu Hungersnot und Epidemien.

Weil kaum noch Brennholz vorhanden war, litten besonders die ärmeren Pariser Einwohner unter der Kälte.

Die Deutschen blieben nicht untätig und nahmen die Stadt mit ihrer schweren Artillerie ständig unter Beschuss.

Auf diese Maßnahme hatte Bismarck gedrängt. Er wollte damit so schnell wie möglich erreichen, dass die Franzosen kapitulierten.

Bismarck befürchtete, dass die anderen europäischen Mächte intervenieren und damit seine Pläne durchkreuzen könnten.

Um Paris zu entsetzen, schickten die Franzosen die Nordarmee, die Ostarmee und die Loirearmee in den Kampf.

Dadurch weitete sich der Krieg aus. So kam es vor allem in der Region der Loire bei Orléans zu diversen Schlachten.

Im Dezember 1870 wurde die zunächst erfolgreiche Loirearmee von deutschen Truppen zersprengt, sodass sie den Belagerungsring nicht erreichen konnte.

Die deutsche Reichsgründung

Im Herbst 1870 verstärkte Bismarck seine Bemühungen für eine nationale Einheit Deutschlands, um das Deutsche Kaiserreich zu gründen.

Zwar musste der Kanzler des Norddeutschen Bundes einige Zugeständnisse machen, doch mit den Novemberverträgen erfolgte schließlich der Beitritt der süddeutschen Staaten zum Deutschen Bund, der später zum Deutschen Reich wurde.

Die neue Verfassung galt ab dem 1. Januar 1871.

Am 18. Januar 1871 fand die symbolische Gründung des Deutschen Reiches im Spiegelsaal von Versailles statt.

Auf den Tag genau 170 Jahre zuvor war Friedrich I. König von Preußen geworden.

Nun ließ sich Wilhelm I. zum deutschen Kaiser proklamieren.

Ende des Deutsch-Französischen Krieges

Nach weiteren militärischen Niederlagen blieb der französischen Regierung Ende Januar 1871 nichts weiter übrig, als über einen Waffenstillstand zu verhandeln.

Die Gespräche begannen am 26. Januar und am 28. Januar erfolgte die formale Aufgabe der Stadt, sodass der Waffenstillstand in Kraft treten konnte.

Die Friedensbedingungen für Frankreich waren hart. So musste das Land den größten Teil von Elsass und Lothringen abtreten sowie 5 Milliarden Goldfranc als Kriegsentschädigung ableisten.

Die Friedensverhandlungen in Brüssel und Frankfurt/Main zogen sich noch bis zum 10. Mai 1871 hin.

Dann beendete der Frieden von Frankfurt den Deutsch-Französischen Krieg, der als 3. Einigungskrieg schließlich Bismarcks Hauptziel, ein Deutsches Kaiserreich unter Preußens Führung, verwirklicht hatte.

Bis September 1873 blieben deutsche Besatzungstruppen in Ostfrankreich.

Deutschland beklagte in dem Konflikt 43.182 Tote, die französischen Verluste beliefen sich auf rund 139.000 Mann.

Das wirtschaftlich bedeutende Elsass-Lothringen wurde dem Kaiser unmittelbar als Reichsland unterstellt.

Otto von Bismarck, der zum deutschen Reichskanzler aufstieg, hatte den Höhepunkt seines Ruhmes erreicht.